Onlinebank haftet für technische Fehler beim Aktienverkauf. Urteil LG Itzehoe 6 O 197/00: Anleger erhält Depot zurück und Schadensersatz wegen Kursverlust.
Fehler bei Online-Aktienorder: Landgericht Itzehoe stärkt Anlegerrechte
Ein Urteil mit Signalwirkung für das Online-Brokerage
Im Urteil vom 21. September 2000 (Az. 6 O 197/00) hat das Landgericht Itzehoe einer Klage gegen eine Direktbank wegen fehlerhafter Abwicklung von Wertpapiergeschäften teilweise stattgegeben. Die Bank wurde verurteilt, Depotwerte zurückzugeben und Kursverluste anteilig zu ersetzen, die durch technische und organisatorische Mängel bei der Orderausführung entstanden waren.
Der Fall: Fehlerhafte Stop-Loss-Ausführung und gesperrtes Depot
Ein Anleger hatte per Onlinebanking einer Direktbank den Verkauf von 840 Aktien per Stop-Loss bei 7,50 € erteilt, später den Auftrag wieder storniert – dennoch wurde verkauft. Es kam zu Doppelbuchungen, Reklamationen, Verkaufsproblemen – und schließlich zur Sperrung des Depots durch die Bank.
Trotz Zusage einer Korrektur wurde die Reklamation nicht rechtzeitig bearbeitet. Später folgte ein nicht autorisierter Leerverkauf, ein Deckungskauf zu deutlich höherem Kurs – und eine einseitige Pfandverwertung durch die Bank, obwohl der Anleger widersprach.
Urteil: Bank haftet wegen grober Organisationsmängel
Das LG Itzehoe entschied:
1. Depotrückgabe gerechtfertigt
Die Bank war zur Übertragung der Depotwerte verpflichtet – Zug um Zug gegen Ausgleich des tatsächlich entstandenen Schadens.
2. Kursverluste teilweise ersatzfähig
Die Bank haftet zu 100 % für Verluste vom 3. bis 17. März 2000, weil sie das Depot zu Unrecht gesperrt hatte. Für spätere Verluste haftet sie zur Hälfte, da auch der Anleger nicht ausreichend zur Schadensbegrenzung beigetragen hatte.
3. Keine Pflichtverletzung des Anlegers
Die Bank hatte unvollständige Orders ausgeführt, die Reklamation verschleppt und durch unzureichende Software Doppelverkäufe ermöglicht. Diese Versäumnisse führen zur vollen Haftung für den Leerverkauf. Eine Pflichtverletzung des Kunden sah das Gericht nicht.
Rechtliche Bedeutung für Online-Broker und Kunden
Das Urteil zeigt exemplarisch:
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Onlinebanken müssen Reklamationen zeitnah bearbeiten – gerade im Tagesgeschäft (Stichwort: Intraday-Trading).
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Fehlbuchungen und Softwaremängel entlasten Banken nicht von ihrer Verantwortung.
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Depot-Sperrungen und Pfandrechte müssen verhältnismäßig und rechtskonform ausgeübt werden.
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Anleger sind nicht verpflichtet, Falschbuchungen proaktiv zu melden, solange sie nicht erkennbar sind.
FAQ: Häufige Fragen zum Urteil LG Itzehoe 6 O 197/00
Was war der Hauptfehler der Bank im Urteil?
Die Bank führte Orders fehlerhaft aus, verzögerte die Reklamationsbearbeitung und ermöglichte durch Softwaremängel eine Doppelveräußerung.
Warum haftet die Bank für Kursverluste?
Weil sie das Depot trotz offener Streitfrage sperrte und keine realistische Möglichkeit bot, Verluste durch Verkäufe zu begrenzen.
Was sagt das Urteil über Pflichten bei Reklamationen?
Onlinebanken müssen taggleich reagieren, wenn sie mit Intraday-Trading werben. Ein Verweis auf „abends zurückrufen“ reicht nicht aus.
Muss ein Anleger Fehlgutschriften melden?
Nein – jedenfalls nicht ohne konkrete Hinweise. Die Bank trägt die Verantwortung für fehlerhafte Buchungen.
Fazit
Das Urteil des LG Itzehoe ist ein wichtiges Signal: Technische Fehler und mangelhafte Organisation bei Onlinebanken können erhebliche Haftungsfolgen haben. Kunden haben Anspruch auf Rückgabe ihres Depots und ggf. Kursersatz, wenn ihnen durch die Sperrung oder fehlerhafte Abwicklung Vermögensschäden entstehen.
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