Squeeze- Out-Verfahren

-Ausschluss von Minderheitsaktionären-

squeeze-out minderheitsaktionäre werden ausgeschlossen- was kann man dagegen tun?
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Ein Überblick über das Verfahren und Ihre Rechte als Minderheitsaktionär

1. Ist der Ausschluss von Minderheitsaktionären überhaupt zulässig?

Der Gesetzgeber hat seit dem Jahr 2002 die Möglichkeit eines Ausschlusses von Minderheitsaktionären unter den §§ 327a ff. AktG in das deutsche Recht eingeführt. Die §§ 327a ff. AktG regeln, dass ein Aktionär, dem mindestens 95 Prozent der Anteile an der Gesellschaft gehören, die Möglichkeit hat, die Minderheitsaktionäre gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung aus der Gesellschaft auszuschließen.

Streitigkeiten entstehen hier meist bei der Frage, ob die Barabfindung der Höhe nach angemessen ist.

2. Wie verläuft ein Squeeze-Out Verfahren?

Ein Squeeze-Out Verfahren ist ein langwieriger und kostspieliger Prozess. Es sind meist diverse Gutachten von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften einzuholen, die die Grundlage für die Barabfindung bilden.

Das Verfahren verläuft im grobem Umfang wie folgt:

Auf Antrag des Hauptaktionärs kann die Hauptversammlung den Ausschluss mit einfacher Mehrheit beschließen.

Diesem Beschluss gehen allerdings noch einige Schritte voraus:

  • Zunächst muss die Höhe der Barabfindung ermittelt werden. Für die Höhe der Barabfindung sind die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens zum Zeitpunkt des Ausschlusses zugrunde zu legen.
  • Um die Höhe der Barabfindung zu ermitteln, muss das Unternehmen eine Unternehmensbewertung durch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vornehmen lassen. Der Hauptaktionär hat sodann einen schriftlichen Bericht über die nach seiner Auffassung „angemessene“ Abfindung zu erstellen. Er kann den Wert der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in seinem Bericht zugrunde legen.
  • Die „angemessene“ Barabfindung wird dann einer sachverständigen Prüfung durch einen vom Gericht bestellten Prüfer unterzogen, wenn der Hauptaktionär dies beantragt, § 327 c Abs. 2 S. 2 AktG.
  • Dabei entscheidet das Gericht nach eigenem Ermessen; es ist an den Vorschlag des Hauptaktionärs nicht gebunden.
  • Der Hauptaktionär wird daher dem Gericht regelmäßig zwei Wirtschaftsprüfer(-gesellschaften) vorschlagen. Dadurch soll die Neutralität des sachverständigen Prüfers gewährleistet und die Akzeptanz der Gutachten erhöht werden.
  • Erst nach Vorliegen dieser Unternehmensbewertung und der Überprüfung durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen kann die Hauptversammlung über den Ausschluss und die Höhe der Abfindung entscheiden.
  • Sofern der Beschluss rechtswirksam zustande gekommen ist, findet das Eintragungsverfahren ins Handelsregister statt. Durch die Eintragung in das Handelsregister gehen die Aktien auf den Hauptaktionär über.
  • Die Minderheitsaktionäre können nach einem zustimmenden Hauptversammlungsbeschluss die Angemessenheit der Barabfindung in einem Spruchverfahren gerichtlich überprüfen lassen. Sofern der Beschluss aus anderen Gründen nichtig ist, ist eine Anfechtungsklage einzureichen.

3. Nach welchen Grundsätzen wird eine Abfindung bewertet?

Für die Unternehmensbewertung stehen mehrere anerkannte Bewertungsmethoden zur Verfügung. Eine bestimmte Bewertungsmethode ist rechtlich nicht vorgeschrieben.

Eine Unternehmensbewertung wird i.d.R. durch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vorgenommen.

  • Die bekanntesten Methoden sind die Ertragswertmethode sowie das Discounted Cash Flow-Verfahren (DCF-Verfahren).
  • Beide Verfahren führen bei einheitlichen Annahmen, insbesondere bezüglich der Finanzierung, zum selben Ergebnis.
  • Für die Unternehmensbewertung im Rahmen eines Squeeze out wird bisher hauptsächlich die Ertragswertmethode angewendet. Sie ist in der Betriebswirtschaftslehre, der Rechtsprechung und der Bewertungspraxis als geeigneter Maßstab für den Wert eines Unternehmens allgemein anerkannt.
  • Zu einer Unternehmensbewertung gehören die betriebswirtschaftlichen Eckdaten des Unternehmens und der Kapitalisierungszinssatz zu einem bestimmten Bewertungsstichtag.
  • Die Bewertung des Unternehmens wird aufgrund mehrerer Faktoren bestimmt, die durch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vorgenommen werden muss.
  • Bei einem Konzern werden weitere Punkte zu beachten sein, die in die Berechnung miteinfließen.

Zudem gibt es zahlreiche Rechtsprechung zu diversen Einzelfällen, vgl. etwa BGH, Beschluss vom 15. September 2020 – II ZB 6/20, BGH, Beschluss vom 29. September 2015 – II ZB 23/14, BGHZ 207, 114 Rn. 33; Beschluss vom 12. Januar 2016 – II ZB 25/14, BGHZ 208, 265 Rn. 22; BVerfGE 100, 289, 305 f. und viele weitere.

4. Welche Möglichkeiten bestehen für den Minderheitsaktionär, wenn er mit der Barabfindung nicht einverstanden ist?

Spruchverfahren

  •  Macht der Minderheitsaktionär geltend, durch den Hauptversammlungsbeschluss in seinen Rechten verletzt zu sein, weil die Barabfindung zu gering oder falsch berechnet worden sei, so steht ihm hierfür gemäß § 327f S. 1 AktG die Anfechtungsklage nicht zur Verfügung.
  • Vielmehr ist die Angemessenheit der Barabfindung im Spruchverfahren gerichtlich überprüfen zu lassen, ohne das Verfahren zum Minderheitenausschluss damit zu unterbrechen.
  • Im Gegensatz zu Aktionärsklagen führt das Spruchverfahren nicht zur Registersperre.
  • Das Spruchverfahren wurde also vom Gesetzgeber zur Verfügung gestellt, damit ein Squeeze out nicht durch Anfechtungsklagen von Minderheitsaktionären blockiert wird, den Minderheitsaktionären aber gleichwohl eine gerichtliche Überprüfung der Angemessenheit der ihnen angebotenen Kompensation und damit effektiver Rechtsschutz garantiert wird.
  • Ferner ist das Spruchverfahren allein statthaft, wenn den ausgeschlossenen Minderheitsaktionären auf der Hauptversammlung unrichtige, unvollständige oder unzureichende Informationen bezüglich der Ermittlung, Höhe und Angemessenheit der Barabfindung erteilt wurden.
  • Ein darauf gestütztes Anfechtungsbegehren ist gemäß § 243 Abs. 4 S. 2 AktG ausgeschlossen, da das Gesetz das Spruchverfahren nach § 1 Nr. 3 SpruchG vorsieht.
  • Die unzureichende Information, wie die Barabfindung ermittelt wurde, kann sich in einer zu niedrigen Barabfindung niedergeschlagen haben.
  • Der Vorteil des Hauptaktionärs bzw. Nachteil des Minderheitsaktionärs kann in solchen Fällen im Spruchverfahren korrigiert werden.
  • Das Gericht prüft nicht nur die Angemessenheit, sondern setzt selbst die angemessene Abfindung fest, sofern diese über der vom Hauptaktionär angebotenen liegt.

Antragsfrist

  • Nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 SpruchG ist der Antrag fristgerecht gestellt, wenn er binnen drei Monaten seit dem Tag der Eintragung des Übertragungsbeschlusses in das Handelsregister gestellt wird.
  • Dabei handelt es sich um eine Ereignisfrist, die neu geregelte Fristberechnung erfolgt gemäß § 16 FamFG nach § 222 ZPO in Verbindung mit §§ 187 ff. BGB.
  • Entscheidendes Ereignis ist die Bekanntmachung der Eintragung des Übertragungsbeschlusses in das Handelsregister nach § 10 HGB.

Bestellung eines gemeinsamen Vertreters

  • Regelmäßig werden nicht alle ausgeschlossenen Minderheitsaktionäre die Höhe der Barabfindung angreifen.
  • Um zu gewährleisten, dass auch die Interessen der ausgeschlossenen Aktionäre, die das Spruchverfahren nicht betreiben, gewahrt werden, beruft das Gericht gemäß § 6 SpruchG einen gemeinsamen Vertreter.
  • Denn die im Verfahren ergehende Entscheidung wirkt gemäß § 13 SpruchG auch für und gegen die Minderheitsaktionäre, die selbst nicht ein Verfahren eingeleitet haben. Sie haben anschließend keine Möglichkeit mehr, die Höhe der Barabfindung überprüfen zu lassen.
  • Das Gericht macht die Bestellung im elektronischen Bundesanzeiger bekannt, § 6 Abs. 1 S. 4 SpruchG, und wird sinnvollerweise Person und Kontaktdaten des gemeinsamen Vertreters auf diese Weise den Minderheitsaktionären zugänglich machen.
  • Der gemeinsame Vertreter wird nach § 6 Abs. 1 S. 1 SpruchG als gesetzlicher Vertreter derjenigen ausscheidenden Aktionäre tätig, die nicht selbst das Spruchverfahren betreiben. Die Berufung des gemeinsamen Vertreters kann nach § 6 Abs. 1 S. 3 AktG nur unterbleiben, wenn die Interessen der Betroffenen anderweitig gewahrt werden.

Einholung eines gerichtlichen Gutachtens

  • Das Gericht kann einen Wirtschaftsprüfer als Sachverständigen bestellen, um die vorgebrachten Einwendungen gegen die Ermittlung der Höhe der Barabfindung zu prüfen.
  • Der Antragsgegner – also der Hauptaktionär – muss dem gerichtlich bestellten Sachverständigen die nötigen Unterlagen gemäß § 7 Abs. 7 SpruchG unverzüglich zur Verfügung stellen.

Abschluss des Verfahrens

  • Das Gericht entscheidet durch Beschluss.
  • Da das Spruchverfahren aber ein echtes streitiges Verfahren ist, liegt die Beendigung des Verfahrens in der Disposition der Beteiligten.
  • Der Antrag kann damit in jedem Stadium des Verfahrens zurückgenommen werden.
  • Der Beschluss stellt allerdings keinen Vollstreckungstitel dar, weil er keinen vollstreckbaren Inhalt enthält. –
  • Falls sich der Hauptaktionär weigert, die Barabfindung auszuzahlen, müssen die anspruchsberechtigten Minderheitsaktionäre Leistungsklage erheben.
  • Dafür ist nach Festsetzung der Barabfindung im Spruchverfahren das Gericht des ersten Rechtszuges und der gleiche Spruchkörper örtlich und sachlich ausschließlich zuständig, welches zuletzt mit dem Spruchverfahren inhaltlich befasst war (§ 16 SpruchG), also erstinstanzlich das Landgericht, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat. Mit dieser Zuständigkeitsregelung soll sichergestellt sein, dass in beiden Fällen dasselbe Gericht und derselbe Spruchkörper tätig werden, um vorhandene Sachkenntnis für das weitere Klageverfahren nutzbar zu machen.

Kosten des Verfahrens

  • Gemäß § 15 SpruchG sind die Regelungen der Kostenordnung anwendbar, soweit diese nicht durch die Sonderregelung des § 15 SpruchG selbst modifiziert werden.
  • Die Sonderregelungen des Spruchverfahrens sollen sicherstellen, dass die Durchführung des Verfahrens durch die Antragsberechtigten nicht an den Kosten scheitert. Kostenschuldner ist gemäß § 15 Abs. 2 S. 1 SpruchG stets der Hauptaktionär als Antragsgegner.
  • Lediglich aus Gründen der Billigkeit können den Antragstellern Kosten auferlegt werden.
  • Zu einem solchen Kostenausspruch besteht ausnahmsweise nur dann Anlass, wenn etwa ein rechtsmissbräuchlicher oder offensichtlich unzulässiger bzw. offensichtlich unbegründeter Antrag gestellt wurde.
  • Die eigenen Anwaltskosten des Minderheitsaktionärs werden in der Regel von ihm selbst zu tragen zu sein. Das Gericht kann auchanordnen, dass der Antragsgegner diese zu erstatten hat.

Rechtsmittel

Gegen die Entscheidung des Gerichts ist gemäß § 12 SpruchG die Beschwerde statthaft. Diese ist gemäß § 63 FamFG binnen eines Monats einzulegen. Postulationsfähig ist dabei nach § 12 Abs. 1 S. 2 SpruchG nur ein Rechtsanwalt. Betroffene Minderheitsaktionäre können sich umgehend an die Rechtsanwaltskanzlei Handan Kes wenden, welche sich ausschließlich auf das Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisiert hat. Wir vertreten die Interessen von Anlegern bundesweit.